Was passiert, wenn eine erfolgreiche Anwältin ihren untreuen Ehemann wegen Mordes verteidigt – und niemand weiß, ob er schuldig ist? In meiner Rezension zu Liebe stirbt leise von Jeneva Rose zeige ich euch, warum dieser Gerichtsthriller weit mehr ist als nur ein klassisches Whodunit.

Inhalt
Würdest du deinen Ehemann verteidigen, wenn er angeklagt ist, seine Geliebte getötet zu haben?
Sarah Morgan ist eine erfolgreiche und einflussreiche Anwältin in Washington D.C. Mit 33 Jahren ist sie Partnerin in ihrer Kanzlei und das Leben verläuft genau so, wie sie es geplant hat. Dasselbe kann man von ihrem Ehemann Adam nicht behaupten. Er ist ein unbeachteter Schriftsteller, der bisher wenig Erfolg hatte, und frustriert ist von der Beziehung mit Sarah, die mehr Zeit in der Kanzlei verbringt, als mit ihm. Um dem ehelichen Frust zu entfliehen, geht Adam eine leidenschaftliche Affäre mit Kelly Summers ein.
Dann ändert sich eines Morgens alles: Adam wird wegen Mordes an Kelly festgenommen, die erstochen in Adams und Sarahs Zweitwohnung aufgefunden wurde. Sarah tritt vor Gericht als Verteidigerin ihres eigenen Mannes auf. Aber ist Adam wirklich unschuldig?
Meine Meinung
Sarah Morgan ist eine erfolgreiche Strafverteidigerin mit klarer Karriereausrichtung, während ihr Mann Adam Morgan als Schriftsteller eher erfolglos geblieben ist. Dieses Ungleichgewicht – beruflich wie finanziell – zieht sich wie ein Riss durch ihre Ehe. Adam fühlt sich zurückgesetzt, unverstanden, vielleicht sogar entmännlicht. Er zieht sich immer öfter in ihr gemeinsames Ferienhaus zurück – angeblich um zu schreiben, tatsächlich aber, um eine Affäre mit Kelly Summers zu führen.
Als Kelly brutal ermordet in eben jenem Ferienhaus aufgefunden wird, steht Adam plötzlich unter Verdacht. Der mediale Druck wächst, und ausgerechnet Sarah entscheidet sich, ihn vor Gericht zu verteidigen – trotz der Affäre, trotz allem.
Gerichtssthriller
Was folgt, ist ein spannungsgeladener Gerichtsthriller, der nicht nur mit einem klassischen Whodunit spielt, sondern vor allem die psychologischen Risse einer Ehe und die Machtverhältnisse innerhalb einer Beziehung offenlegt. Die Frage nach Adams Schuld bleibt lange offen – und genau das hält die Spannung aufrecht.
Welche Motive könnte Adam gehabt haben? Hat Kelly gedroht, alles auffliegen zu lassen? Ging es um Geld? Um Kontrolle? Oder um etwas ganz anderes?
Wechsel der Sympathien
Was ich an diesem Buch besonders mochte, war der ständige Wechsel der Sympathien. Mal war mir Sarah nahe, mal Adam – und doch wurde keiner der beiden durchgängig als „gut“ oder „böse“ gezeichnet. Jeneva Rose lässt ihre Figuren ambivalent, widersprüchlich, nahbar und gleichzeitig schwer greifbar. Das sorgt dafür, dass man als Lesern und Leserinnen ständig neu abwägen muss, wem man traut – und ob man überhaupt noch jemandem trauen sollte.
Der Roman ist spürbar psychologisch aufgeladen, die Atmosphäre oft angespannt, fast klaustrophobisch. Gleichzeitig wird das Gerichtsverfahren mit all seinen Details und Wendungen klug in Szene gesetzt. Ich mag solche Geschichten, weil sie nicht nur spannend sind, sondern auch ein Licht darauf werfen, wie Justiz funktioniert – oder eben nicht funktioniert. Wie trifft man eine Entscheidung, wenn man nicht dabei war? Wie lassen sich Spuren und Aussagen in ein stimmiges Gesamtbild setzen? Und was sagt ein Gerichtsprozess letztlich über die Menschen darin aus – über Opfer, Täter und Verteidiger*innen?
Fazit
Ob es realistisch ist, dass Sarah ihren eigenen Ehemann verteidigt, ist eine berechtigte Frage. Juristisch wäre ein Interessenkonflikt wahrscheinlich nicht von der Hand zu weisen. Aber literarisch funktioniert genau dieser moralische und emotionale Konflikt als Kern des Romans sehr gut.
„Liebe stirbt leise“ ist ein spannender Thriller. Er zeigt, wie dünn das Eis zwischen Intimität und Verrat, Wahrheit und Lüge, Recht und Gerechtigkeit sein kann. Außerdem zeigt dieser Thriller wie spitzfindig die Wahrheitsfindung vor Gericht sein kann.
Buchdetails:
“Liebe stirbt leise” von Jeneva Rose
LAGO Verlag – 17.09.2024
Taschenbuch – 400 – 15,00€
Hinweise
Rezension: ©alienicious 2025
Das rezensierte Buch habe ich selber erworben.