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Rezension: “Der Gesang der Flusskrebse” von Delia Owens

Wow! Es ist erst Anfang Januar und ich habe bereits ein Buch gelesen, das mir wirklich unter die Haut gegangen ist und mich so schnell nicht mehr loslassen wird. Erfahrt in meiner Rezension zu “Der Gesang der Flusskrebse” warum dieses Buch schon jetzt einen besonderen Platz in meinem Regal verdient hat.

Rezension: "Der Gesang der Flusskrebse" von Delia Owens

Inhalt

Chase Andrews stirbt, und die Bewohner der ruhigen Küstenstadt Barkley Cove sind sich einig: Schuld ist das Marschmädchen. Kya Clark lebt isoliert im Marschland mit seinen Salzwiesen und Sandbänken. Sie kennt jeden Stein und Seevogel, jede Muschel und Pflanze. Als zwei junge Männer auf die wilde Schöne aufmerksam werden, öffnet Kya sich einem neuen Leben – mit dramatischen Folgen. Delia Owens erzählt intensiv und atmosphärisch davon, dass wir für immer die Kinder bleiben, die wir einmal waren. Und den Geheimnissen und der Gewalt der Natur nichts entgegensetzen können.
Quelle: Hanser Literaturverlage

Meine Meinung

Möglicherweise bin ich bei diesem Buch etwas zu unkritisch, denn ich habe es von vorne bis hinten verschlungen und mein Herz an dieses Buch verloren!

Kya wächst in einem Elternhaus, voller Gewalt und Trauma auf. Ein Vater der Alkoholiker ist und gewalttätig wird, insbesondere der Mutter gegenüber. Eine Mutter die in dieser Situation zerbricht und die Familie eines Tages verlässt und damit den übrigen Familienzusammenhalt mit sich nimmt. Einer nach dem anderen wird sie von ihren Geschwistern verlassen und bleibt schließlich mit ihrem Vater in der Hütte im Marschland zurück.

Einsamkeit

Es wird so viel Traurigkeit, Verzweiflung und Einsamkeit deutlich in diesem jungen Mädchen. Einige Zeit später verschwindet auch ihr Vater von der Bildfläche und als junges Mädchen bleibt Kya völlig alleine in dieser Welt zurück. Sie ist eine Außenseiterin, geächtet und ausgegrenzt von den Stadtbewohnern fristet sie ihr Leben im Marschland. Die Kinder in der Schule mobben sie, und so verbringt Kya in ihrem Leben nur einen einzigen Tag in der Schule.

Kya entwickelt sich von einem verzweifelten, einsamen Kind in eine Jugendliche und junge Erwachsene die gelernt hat auf eigenen Beinen zu stehen und sich durchzuschlagen. Die Einsamkeit ist überwältigend, aber sie flüchtet sich in ihre Begeisterung für die Natur und alle Tiere, Pflanzen und Pilze die darin Leben.

Zwei Männer in Kyas Leben

Als Kya älter wird spielen zwei Männer in ihrem Leben eine Rolle. Ihr Kindheitsfreund Tate, der sie immer akzeptiert hat wie sie ist. Der ihr Lesen und Schreiben beibringt und der sie doch verlässt als er aufs College geht. Später dann Chase, ein Aufreißer aus der Stadt, der eine sehr zwiegespaltene Verbindung zu Kya hat. Auf der einen Seite ist es für ihn ein Abenteuer – ein Spiel – sich dem wilden Mädchen aus dem Marsch zu nähern, die sonst niemanden an sich heran lässt. Er prallt grade zu mit seiner Eroberung. Er möchte nicht dass Kya Teil seines Lebens außerhalb des Marschlandes, in der normalen Gesellschaft ist. Auf der anderen Seite hat er auch eine gewisse Besessenheit für Kya übrig, die ihn nicht los lässt. Aber auch von ihm wird sie verraten und verlassen.

Kyas Leben ist eine Gradwanderung zwischen Einsamkeit erst unfreiwillig, dann aber auch als Schutz vor Verletzung durch andere Menschen. Auf der Anderen Seite ist ihre stoische Art das Leben zu nehmen wie es kommt und das Beste daraus zu machen bewundernswert.

Ich finde die Art und Weise wie Kya die Welt sieht ist so unschuldig wie authentisch, wenig gefärbt von Konventionen, rein und nah an der Natur. Sie ist eine wahnsinnig starke Persönlichkeit und ein außergewöhnlicher Charakter. Sie ist facettenreich, sie steckt Dinge nicht einfach weg, sie hat gelernt nachtragend und vorsichtig zu sein, aber sie kann sich auch öffnen und liebt die kleinen Dinge in ihrem Leben.

Verbundenheit zur Natur

Die Verbundenheit zur Natur ist ein ganz großer Punkt in diesem Roman. Kyas Verbindung zu Natur, ihr Interesse alles über jeden Vogel, jedes Insekt und jede Pflanze zu wissen und zu erforschen wird eindrücklich geschildert. Sie ist die geborene Biologin ohne jede Art der akademischen Bildung. Kyas Kindheit spielt in den 50er Jahren und sie fällt völlig aus dem damaligen Rollenbild und geht ihren eigenen unkonventionellen und auch lange unfreiwilligen Weg, der zu etwas wunderbarem erwachsen wird.

Doch Kya ist auch wehrhaft, ihre Verbindung zum Marschland ermöglicht es ihr sich in ihm wie ein Schatten zu bewegen, sich zu tarnen wie die Tiere und jedem Verfolger zu entkommen. Sie hat immer außerhalb der Gesellschaft gelebt und genauso ist auch ihre Art Probleme zu lösen, was in dem Buch zu einem sehr interessanten und bedrückenden Fall führt.

Owens schildert so eindrücklich Kyas Erfahrungen. Im Grunde ist es eine sehr traurige Geschichte von einem verlassenen und verzweifelten Kind, dass nie den Absprung von ihren Wurzeln in ein neues Leben geschafft hat. Aber sie erzählt auch die Geschichte von einem Kind, dass trotz aller Widrigkeiten, trotz einem furchtbaren Start in dieses Leben, so viel Stärke beweist, nie aufgegeben hat und innerhalb ihrer Grenzen einen eigenen Weg findet Liebe zu finden und zu Leben.

Fazit

Mein Herz ist bei diesem Buch übergequollen vor Emotionen. Das Gefühl Verlassen zu werden, die überwältigende Einsamkeit der Protagonistin. Das Leid, aber auch die Freude an der Natur. Die Begeisterung als sie ihre Lage angenommen und sich einen ganz eigenen Lebensstil geschaffen hat, die Liebe und Zuneigung zwischen den Charakteren und die außergewöhnliche Geschichte an sich machen das Buch für mich schon jetzt zu einem Highlight in diesem Jahr. So fern Kyas Realität ist, kann man sich dennoch auf Grund des einfühlsamen Erzählstils in sie hineinversetzen. Absolute Leseempfehlung!

Buchdetails:

“Der Gesang der Flusskrebse” von Delia Owens
Hanser Literaturverlage – 22.07.2019
Hardcover 22,00 € – 464 Seiten
Mehr Infos auf der Homepage der Autorin


Hinweise

Rezension: ©alienicious 2025

Das rezensierte Buch habe ich selber erworben.

Eine Übersicht meiner Rezensionen findet ihr hier. 🕮

Rezension: “Die Oberfläche des Glücks” von Claire Kells

"Die Oberfläche des Glücks" von Claire Kells

Seit dem Absturz gibt es für Avery nur eine Zeit davor und eine Zeit danach. Davor war sie eine der erfolgreichsten Wettkampfschwimmerinnen an ihrer Uni. Sie war beliebt und hatte einen Freund, der alles für sie getan hätte. Ihr Leben war einfach.

Jetzt, danach, ist alles anders. Avery schwimmt nicht mehr. Sie verkriecht sich im Haus ihrer Eltern, versucht zu verarbeiten, was geschehen ist. Sie denkt nicht an Colin, der neben ihr im Flugzeug saß und mit ihr überlebte.

Avery und Colin sprechen nicht über das, was dazwischen geschehen ist. Als sie in der Wildnis gegen den Tod kämpften, wussten sie, was sie zu tun hatten. Doch nun ist ihnen klar, dass das Weiterleben nach dem Überleben manchmal die größere Herausforderung ist …

(Cover-, Text- und Zitatrecht: Lübbe LYX Verlag)

Meine Meinung

Gedanken zum Buch

Jeder einzelne von uns, der einen Flugzeugabsturz nicht selbst überlebt hat, wird sich wohl in diese Situation wirklich einfühlen können, oder dessen Nachwirkungen wirklich begreifen können. So geht es mir zumindest. Der Gedanken an einen Flugzeugabsturz, erfüllt mich mit Grauen, Angst, Panik. Ich denke an Schmerzen, Leid und Trauer, aber auch daran wie sich das Weiterleben als Überlebender anfühlen muss. Ist man erfüllt von Dankbarkeit? Dankbarkeit, dass man überlebt hat. Glücklich, dass man zu seiner Familie und seinen Lieben zurück kehren kann. Oder ist das Trauma zu schwerwiegend? Begleitet einen die Angst Tag für Tag? Lebt man mit einer Schuld, weil andere Menschen es nicht geschafft haben? Erstickt man an Fragen ob man mehr hätte tun können?

Avery

Avery ist Studentin, Wettkampfschwimmerin, sie ist beliebt, ist mit einem lieben, gut aussehenden Jungen zusammen und genießt ihr Leben, dann kommt der Absturz. Auf dem Weg von ihrer Uni nach Hause stürzt das Flugzeug in dem sie und viele andere sitzen in den Bergen ab. Neben ihr sitzt Collin, ein Freund und Schwimmer aus ihrer Mannschaft. Obwohl ihr fast das Herz stehenbleibt kann sie nichts anderes tun als abwarten und Collins Hand halten.

Ihre Geschichte wird in zwei Strängen aus Averys Sicht erzählt. Im aktuellen Geschehen ist Avery zu ihren Eltern zurück gezogen, sie verkriecht sich und ist zerbrochen und ziemlich durcheinander wie es jetzt weitergehen soll. Kann sie weitermachen, gibt es eine Zukunft oder doch lieber einfach all dem Trubel entkommen und sich bloß nicht mit ihren Gefühlen auseinandersetzen. Abwechselnd werden in Rückblenden die Tage nach dem Flugzeugabsturz erzählt. Wie sie, Collin und die drei Jungs nach dem Absturz zu überleben versuchten.

»Ich lächle – wiederstrebend, unsicher, aber immerhin. Keine Tränen. Etwas in mir scheint wieder Halt zu finden, ich habe wieder festen Boden unter den Füßen.«

(Seite 122)

Wasser, kalt und beängstigend vs. eine Zuflucht, ein Teil von Avery

Besonders das Wasser spielt eine zentrale Rolle in Averys Geschichte, als Schwimmerin hat sie sich seit ihrer Kindheit im Wasser wohl und Zuhause gefühlt. Wasser, Schwimmen,Pools waren ihr so vertraut, dass sie ein Teil von ihr waren.

Nach dem Absturz wurde Wasser zu ihrem Feind. Sie hat es als kalt, gefährlich und tödlich kennengelernt. Der Gedanke daran das Schwimmen wieder aufzunehmen und sich ins kühle Nass zu begeben macht ihr eine Heidenangst. Sie befindet sich in einem heftigen Zwiespalt und ist gelähmt.

Collin und die Jungs

Collin, Averys Mannschaftskamerad aus dem Schwimmteam, hingegen scheint sehr gefasst zu sein. Seine Gefühlswelt wird weniger klar als Averys, doch auch er hat seine Päckchen zu tragen. Was zwischen ihnen war und ist, ist sehr schleierhaft. Ist es die Verbundenheit gemeinsam überlebt zu haben, hat es sie für immer zusammen geschweißt oder trennt die gemeinsame Erinnerung die beiden doch viel mehr? So verkörpert der Andere doch immer die traumatische Erinnerung.

Ihre Beziehung ist sehr tiefgründig, sehr facettenreich und ganz und gar nicht plump erzählt. Es ist keine Liebesgeschichte von zwei Überlebenden. Sie gehen nicht als kitschiges Paar aus der Krise hervorgehen, sondern es entwickelt sich vielmehr eine zarte und zerbrechliche Verbindung. Sie lernen den Halt des anderen Schätzen.

»Der Nebel hatte sich gelichtet. Danach träumte ich in grellem Rot und schlierigem Blau. Ich sah bleiche, erstarrte Gesichter, deren Münder sich lautlos bewegten, wie bei sterbenden Fischen. Ich sah […] einen See ohne Grund. Ich sah drei kleine Jungen, die tot in meinen Armen lagen. Und ich sah Collin wie er jemanden rettete.«

(Seite 23)

Besonders warm und herzlich fand ich persönlich, wie Avery und Collin sich um die drei kleinen Jungs gekümmert haben, die mit ihnen zusammen den Absturz überlebt haben. Avery stand immer zwischen Überforderung und Überlebenswillen, Collin hingegeben hat allgegenwärtig eine Ruhe und Stärke ausgestrahlt, die man sich wirklich nur wünschen kann. Es war sehr schön, wie unterschiedlich die beiden Charaktere waren und doch so verbunden.

Entwicklung und Tempo

Zuerst dachte ich, dass das Buch schon ein sehr langsames Tempo anschlägt. Dass die Geschichte einfach nicht in an Fahrt aufnimmt. Nach und nach hat sich die Geschichte jedoch so zart und liebevoll und zerbrechlich entwickelt, dass ich verstanden habe, dass es in genau dem richtigen Tempo erzählt wurde. An diesem Buch passt wirklich alles zusammen und hat mich sehr bewegt.

»Als ich ihn lächeln sehe, schlägt mein Herz zum ersten Mal an diesem Nachmittag wieder normal.«

(Seite 124)

Fazit

»Die Oberfläche des Glücks« ist ein unfassbar gefühlvolles, tiefgründiges Buch. Es strotzt nicht vor Handlung, Action und einem aufgeblasenen Überlebenskampf in den Bergen, sondern bewegt es viel mehr auf der Gefühlsebene von Avery und Collin. Eine sehr bewegende Geschichte, die mir einige Tränen in die Augen getrieben hat! Eine Geschichte die zarter und einfühlsamer nicht hätte sein können. Mittlerweile habe ich es noch zwei Mal als Hörbuch gehört, es ist eins meiner All-Time Favorites.

Alle meine Rezensionen findet ihr hier 🠖

Buchdetails

Verlag: Lübbe Verlag (07.2016)
(Damals noch im Egmont Verlag unter dem Label INK verlegt, jetzt im Lübbe Verlag unter dem Label LYX. Aktuell nur noch als Ebook erhältlich.)

352 Seiten

Verlagsseite →


Hinweise

Rezension: ©alienicious 2022

Ursprünglich auf meinem ehemaligen Blog “Blutrot” 2016 erschienen. Hier zu lesen, die überarbeitete und ergänzte Variante von Juni 2022.

Ich habe das Buch damals als Rezensionsexemplar erhalten.