Kategorie: Short Review

Short Review: “The Chill” von Scott Carson

In meinem Short Review zu “The Chill” greife ich mir einige Aspekte raus, die für mich besonders interessant, ausschlaggebend oder auch störend waren. Achtung: Spoiler inbegriffen 🙂

Inhalt

The Chill - Sie warten auf dich von Scott Carson

Mitten in den Wäldern des Bundesstaates New York liegt ein überflutetes Dorf unter den tiefen, stillen Wassern des Stausees, der die Metropole New York mit Trinkwasser versorgt. Seine Bewohner wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus ihrer Heimat vertrieben, die sie seit der Ankunft der ersten Siedler bewohnt haben. Doch sie zogen nicht weit weg, und manche von ihnen haben ihre Häuser nie verlassen. Jetzt, ein Jahrhundert später, kommt die Wahrheit über das, was damals wirklich passiert ist, langsam an die Oberfläche – und mit ihr ein uraltes, schreckliches Geheimnis …

Quelle: Penguin Random House/Heyne

Meine Meinung

Geister und Glaube

Die Stadt Torrence liegt an einem Staudamm der an das Trinkwassersystem für New York City angeschlossen werden soll. Als der Staudamm errichtet wurde musste die einstige Stadt Galesburg weichen, da sich an diesem Ort der Stausee bilden würde. Die Bewohner jedoch wollten nicht umsiedeln und wehrten sich mit allen Mitteln gegen das Projekt. Ein Jahrhundert später kursiert unter den Bewohnern von Torrence immer noch die Legende von den Geistern von Galesburg. Die Geister wollen den Staudamm niederreißen und mit der entstehenden Flutwelle Rache an New York City nehmen wollen.

Die Geistererzählung mutet ein wenig wie die Legenden von “Indianerfriedhöfen” an. Wie nennt man das politisch korrekt? Ureinwohner-Friedhof-Grusellegenden sag ich mal. Eine vertriebe Gemeinschaft ruft nach Rache, sie nehmen Besitz vom Geist der Lebenden, sie zeigen sich als Geister tief im Wasser des Stausees und reißen den Damm Stein für Stein mit ihren Spitzhaken ein. Es hat etwas von Besessenheit von Dämonen und es entspinnt sich eine ganze Kultur um diese Erzählungen. Auf der einen Seite war diese Legende ein klassisches Horror-Motiv. Die Kombination aus Geisterwesen im Wasser fand ich sehr spannend und gruselig. Auf der anderen Seite hätte ich mir etwas mehr Details gewünscht. In meinen Augen wurde die Legende sehr kurz erzählt.

Zweite Chancen

Ein sehr wertvolle und schöne Seite an der Handlung ist die Bedeutung von zweiten Chancen. Aaron, ehemaliger Rettungsschwimmer kämpft seit einem dramatischen Zwischenfall in seiner Ausbildung mit Schuldgefühlen und seinem Selbstwertgefühl. Er flüchtet sich in Alkohol und Drogen, hängt mit seinen Freunden ab, die einen schlechten Einfluss haben und fängt gerne Stress an.

Nach einer seltsamen und skurrilen Begegnung mit einem Geist und dem Fund einer Leiche am Stausee ist er jedoch scheinbar reumütig, übernimmt Verantwortung und seine hilfsbereite Seite kommt – nach langer Abwesenheit – zum Vorschein. Sein Vater sieht die Veränderung und gibt sich einen Ruck dem Sprössling unter die Arme zu greifen. Ich finde es rührend erzählt wie sein Vater und er nach langem Streit eine Verbindung knüpfen. Dem steht jedoch entgegen, dass Aarons Wandel viel zu abrupt und damit unglaubwürdig kommt. Er macht von einem Moment auf den anderen eine 180 Grad Wendung durch.

Als später in der Handlung die Flut über die kleine Stadt Torrence hereinbricht erweist er sich vollends als der Retter und Held der Geschichte. Todesmutig taucht er in einen Stollen und nimmt es mit den rachedurstigen Geistern auf.

Das kalte Wasser

Ein ganz zentrales Motiv in der Handlung ist das Wasser. Dabei ist das Wasser zum einen der lebenswichtige Rohstoff: Trinkwasser, welches am Staudamm für die Stadt New York gesammelt wird. Zum anderen ist das Wasser eine existenzielle Bedrohung, denn als der Staudamm bricht überschwemmt es mit Wucht die kleine Stadt und nimmt viele Leben und zerstört Häuser und Lebensraum. Ein durchaus aktuelles Thema in Zeiten von Klimakatastrophen.

Fazit

Na gut, ich gebe zu ich hatte mehr zu sagen, als ich zu Beginn dieses – Short – Reviews dachte, also ist das Review etwas länger ausgefallen.

Für mich war “The Chill” eins der Bücher, von denen man wenig erwartet und die sich als spannender und unterhaltsamer herausstellen als zu Beginn gedacht. “The Chill” hat wie oben beschrieben einige Schwächen, doch hat sich für mich eine durchaus gruselige Atmosphäre entspinnt und ich habe das Buch in kürzester Zeit gelesen. Für mich durchaus ein Pageturner.

Alle meine in 2023 gelesenen Bücher findet ihr hier → und hier meine Rezensionen und Short Reviews →

Short Review: “Fluch der Schriftrollen” von Barbara Wood

“Der Fluch der Schriftrollen” von Barbara Wood war für mich ein Reread. Vor vielen Jahren habe ich das Buch bereits als gekürztes Hörbuch gehört. Durch Zufall bin ich erneut auf das Buch gestoßen und hatte Lust es erneut – und in voller Länge – zu lesen. In meinem Short Review greife ich mir einige Aspekte raus, die für mich besonders interessant, ausschlaggebend oder auch störend waren.

Inhalt

"Der Fluch der Schriftrollen" von Barbara Wood

In das geordnete Dasein von Benjamin Messer platzt eine Briefsendung aus Israel. Sein alter Professor, Dr. Weatherby, ist dort bei Ausgrabungen auf einen sensationellen Fund gestoßen: Nahezu unversehrte Handschriften, seit fast 2000 Jahren in Tonkrügen verborgen. Bens Aufgabe ist es, den Text der Handschriften zu übersetzen. Benjamin Messer, ein Mittdreißiger und selbst jüdischer Herkunft, ist Dozent für Orientalistik an der Universität von Los Angeles. Die Entzifferung alter Handschriften ist sein Spezialgebiet, und er macht sich mit Feuereifer an die herausfordernde Übersetzungsarbeit. Zu seiner Überraschung handelt es sich bei den Texten nicht um religiöse Aufzeichnungen, wie etwa bei den berühmten Qumran-Rollen, sondern um die Niederschrift einer Art Lebensbeichte. David Ben Jona, ein jüdischer Bewohner Palästinas, hat sie im ersten Jahrhundert, wenige Jahrzehnte nach Christi Tod, für seinen Sohn verfasst. Binnen kurzem ist Benjamin Messer von deren Inhalt wie verhext. Erinnerungen an seine eigene verdrängte Vergangenheit werden wach, an seine streng orthodoxe Erziehung, an den Vater, der in Majdanek ermordet wurde … Die Texte beginnen mit einem „Fluch des Mose“ gegen alle, die sich die Schriften unrechtmäßig aneignen.

Quelle: Fischerverlage

Meine Meinung

Mysteriöse Atmosphäre

Die Autorin hat in “Der Fluch der Schriftrollen” wirklich eine wahnsinnig mysteriöse und spannende Atmosphäre geschaffen. Es kommt sehr greifbar rüber wie Ben Messer sich mit jeder neuen Schriftrollen ein wenig mehr in ihnen verliert und der mit jeder Schriftrolle ein wenig von seinem eigenen Charakter verliert und Züge vom lang verstorbenen David Ben Jona annimmt.

Wahn und Wahnsinn

Neben der spannenden Atmosphäre besitzt Bens Vertiefung in die Schriftrollen eine weitere Ebene. Es ist völlig unklar ob sich Bens Verhalten (z.B. übernimmt er das Hinken von David aus den Schriftrollen) psychologisch erklären lässt oder ein tatsächlicher Fluch von Ben Besitz ergreift. Er sieht David in seiner Wohnung, seine Studentin hingegen nicht. Er fühlt sich in Davids Welt versetzt, er ist David aus Jerusalem und doch ist er in seiner Wohnung in L.A. Diese Widersprüchlichkeit und der Freiraum wie man es interpretieren möchte ist sehr spannend.

Alte Sprachen + Geschichtsstunde

Sehr interessant fand ich in dieser Geschichte den Bezug zum Judentum, den Konflikt zwischen Judentum und Christentum, sowie einen Einblick in die alten semitischen Sprachen und geschriebene Aufzeichnungen. So sind die Schriftrollen im Buch fiktiv, doch die Qumran-Handschriften, die ebenfalls erwähnt werden, sind sehr wohl echt. Ich kann mir gut vorstellen ein Sachbuch über das Themenfeld der antiken handgeschriebenen Aufzeichnungen zu lesen! 😀

Eine Verlobte die einfach gar keine Rolle spielt

So wichtig die Schriftrollen sind, so wenig spielt Ben Messers Verlobte eine Rolle. (Wortwitz komm raus, du bist umzingelt) Der Charakter von Ben Messers Verlobten hätte man sich auch getrost sparen können. Zwar bringt sie etwas Dramatik in die Handlung, wenn Ben sich auf seine Studentin einlässt und sich eine Dreiecksgeschichte entspinnt, doch ist sie völlig belanglos für die Handlung. Sie ist die fürsorgliche Verlobte die sich immer hinter Bens Leidenschaften anstellt und sich von ihm versetzen lässt. Die Verlobte hat mich gestört, die Interaktion zwischen ihr und Ben hat sich im Grunde darauf beschränkt, dass Ben sie versetzt.

Fazit

“Der Fluch der Schriftrollen” konnte mich auch im Reread überzeugen und ist ein spannendes Buch, welches sich zwischen Historie und Fantasy einordnen lässt. Besonders die Atmosphäre und der geschichtliche Hintergrund hat das Buch für mich interessant gemacht.

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